Mittelerde (Rollenspiel)

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Mittelerde (Umgangssprachlich MERS für Mittelerde-Rollenspiel, englisch MERP für Middle-earth Role Playing) ist ein Pen&Paper-Rollenspiel, dessen Schauplatz die Welt von J. R. R. Tolkiens Herrn der Ringe ist. Die Spieler übernehmen dabei die Rolle von Bewohnern Mittelerdes, welche Abenteuer erleben, die sich an den Gegebenheiten des Tolkien-Universums orientieren.

Geschichte

Das Spiel wurde erstmals 1984 von Iron Crown Enterprises (I.C.E.) veröffentlicht. Das Regelwerk war eine vereinfachte und auf den Mittelerde-Hintergrund angepasste Fassung von I.C.E.s System Rolemaster, Lizenzgeber für die Spielwelt war Tolkien Enterprises. 1993 erschien eine überarbeitete Zweite Edition. Eine deutsche Übersetzung erschien 1995 bei Queen Games, eine ältere gab es bei Laurin. Insgesamt wurde das Spiel in 13 Sprachen übersetzt und ist mit über 2,5 Millionen verkauften Exemplaren eines der erfolgreichsten Rollenspiele weltweit. [1] Als nochmalige Vereinfachung des Systems entstand das System Lord of the Rings Adventure Game (LOR) bzw. das QuestGame System, das für Soloabenteuer gedacht war und zu dem Abenteuer unter den Marken Tolkien Quest und Middle-Earth Quest erschienen. Eng verwandt mit MERS waren das Middle-earth Collectible Card Game und das Mittelerde Postspiel, welche die für MERS entstandenen Weltbeschreibungen mitverwendeten.

1997 verlor I.C.E. im Zuge der von Peter Jackson produzierten Herr-der-Ringe-Verfilmung die Tolkien-Lizenz und musste die Veröffentlichung neuen Materials einstellen. Die letzten Exemplare wurden offiziell 1999 verkauft. Neuer Lizenzträger wurde Decipher, die das Lord of the Rings Roleplaying Game veröffentlichten (deutsch bei Pegasus). MERS lebte nach Einstellung der Produktion durch ICE noch eine Zeit lang in Gestalt von Fan-Veröffentlichungen weiter die unter anderem im Umfeld der Rollenspiel Fanzines Other Hands und the Guild Companion entstanden. Nachdem Other Hands im Jahr 2001 auf Druck von Tolkien Enterprises eingestellt werden musste, übernahm ab 2007 das Other Minds Online-Fanzine eine Art inoffizielle Nachfolge ein.

System

MERS folgt dem Grundansatz von Rolemaster: es verwendet einen hundertseitigen Spielwürfel und die Ergebnisse von Manövern und Kämpfen werden durch Vergleich von Fertigkeitswerten der Charaktere, Würfelergebnissen und zusätzlichen Modifikatoren mit Tabellen ermittelt.

Im Gegensatz zum umfangreicheren Rolemaster bietet MERS nur 6 Charakterklassen (Berufe): Krieger/Kämpfer (Warrior), Kundschafter/Dieb (Scout), Magier/Zauberer (Mage), Animist/Priester (Animist), Waldläufer (Ranger) und Barde (Bard). Mit der zweiten Edition kommen für erfahrenere Spieler die Optionen Gelehrter (Scholar), Barbar (Barbarian), Entdecker (Explorer), Mönch (Monk), Kriegsmönch (Warrior Monk), Scharlatan/Zauberkünstler (Conjurer), Glücksritter/Strolch (Rogue), Einbrecher/Dieb (Burglar), Bürger (Civilian) und Gestaltwandler/Fellwechsler (Shapechanger) hinzu, zudem enthält das Regelheft Vorschläge, weitere Berufe aus Rolemaster einzubinden. Als Völker stehen Zwerge, Hobbits, verschiedene Elben- (Noldor, Sindar und Nandor) und Menschen-Völker (, Beorninger, Korsaren von Umbar, Dorwinrim, Dúnedain, Dunländer, Eriadorer, Gondorer, Haradrim, Lossoth, Rohirrim, Schwarze Númenórer, Umli, Variags, Waldmenschen, Wasa), sowie theoretisch sogar Uruk-hai, Halborks, (niedere) Orks, Olog-hai, Halbtrolle und (wilde) Trolle zur Auswahl.

Ein Charakter verfügt über 6 grundlegende Eigenschaften oder Attribute (Stärke, Geschicklichkeit, Konstitution, Intelligenz, Intuition, Auftreten) und eine Vielzahl spezieller Fertigkeiten (Kampf mit verschiedenen Waffen, Bewegung in Rüstungen, Reiten, Fallen entschärfen etc.). Erstere werden bei der Charaktererschaffung einmal ausgewürfelt und sind damit dauerhaft festgelegt. Letztere erhalten ihre Anfangswerte nach Volk, Beruf und Auswahl des Spielers. Durch Kämpfe und Manöver gewinnt ein Charakter Erfahrungspunkte und steigt Stufen auf, wodurch Fertigkeiten gesteigert werden können - klassisch unabhängig von den tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten. MERS ist für Maximalstufe 10 ausgelegt, es kann auch darüber hinaus gespielt werden, womit die Spielercharaktere aber absurd stark werden und theoretisch ganz Mittelerde beherrschen können.

Für Proben aller Art (Manöver, Angriffe, Widerstandswürfe, ...) wird ein W100 verwendet, der für gewöhnlich durch zwei 10-Seitige Würfel (je einer für Zehner- und Einerstelle) simuliert wird. Es gibt „geschlossene Würfe“, bei denen direkt das Wurfergebnis verwendet wird, und „offene Würfe“. Gewürfelte 96-100 gelten als „offen nach oben“, wodurch ein weiterer Wurf durchgeführt und das Ergebnis zu dem ersten Wurf addiert werden darf. Würfe von 01-05 gelten als „offen nach unten“, in diesem Fall wird der zweite Wurf vom Ersten abgezogen, was auch zu negativen Ergebnissen führen kann. Das so erwürfelte Ergebnis addiert man nun zum Wert des Charakters in der jeweiligen Fertigkeit und eventuell auftretenden weiteren Boni und Mali, um zum endgültigen Ergebnis zu kommen. Dieses Ergebnis wird in der zugehörigen Tabelle nachgeschlagen und der Spieler kann nachlesen, wie das Ergebnis seiner Aktion aussieht. Im Kampf entscheidet ein offener Wurf, auf den die passende Waffenfertigkeit hinzugerechnet wird, über grundsätzlichen Erfolg oder Misserfolg des Angriffes, die angerichteten Trefferpunkte und die Art eines möglicherweise auftretenden kritischen Treffers. Bei diesem entscheidet ein anschliessender geschlossener Wurf über zusätzliche schwere Auswirkungen des Treffers, die etwa Gliedmaßenverlust oder Tod beinhalten können. Sowohl bei Kämpfen als auch bei anderen Manövern gibt es Patzer bei besonders schlechten Würfen, durch die ähnliche Effekte wie bei kritischen Treffern erlitten werden können.

Insgesamt bietet das System für sehr viele Situationen fertige Tabellen an, die aber nicht als vorgeschriebene Regeln, sondern als Entscheidungshilfen verstanden werden sollen. Die Vereinfachung gegenüber Rolemaster besteht vor allem aus der Reduktion der Tabellen, sodass MERS in Sachen Regellastigkeit einen Mittelweg zwischen diesem und geradlinigeren Systemen wie Dungeons & Dragons darstellt. Durch die kritischen Treffer ist der Kampf für die Spieler sehr riskant und planvolles, im Zweifel auch hinterhältiges Vorgehen wird gegenüber reinem Hack and slay gefördert.

Das Magiesystem basiert auf sog. Spruchlisten, die dem Beruf entsprechend erlernt werden können und jeweils einen Spruch pro Stufe enthalten. Für das Wirken von Zaubern werden Magiepunkte verbraucht. Es wird das übliche Spektrum von Heil-, Unterstützungs- und Kampfzaubern abgedeckt, aber auch eine Vielzahl von Sprüchen, die keinen direkten Kampfbezug haben, sind enthalten.

Spielwelt

MERS basiert im Wesentlichen auf der Beschreibung Mittelerdes im Dritten Zeitalter, wie Tolkien sie in seinen Büchern Der Herr der Ringe, Der kleine Hobbit und Nachrichten aus Mittelerde vorlegte. Bevorzugter Zeitrahmen für die veröffentlichten Abenteuer ist dabei die Zeit um 1640 D. Z., also etwa 1400 Jahre vor dem Ringkrieg wobei der Schwerpunkt auf den Kriegen der Nachfolgereiche Arnors mit Angmar und den Versuch Saurons seine Herrschaft in Mordor wieder zu errichten liegt, es erschien jedoch auch Material für den Sippenstreit (the Kin-strife) und für das frühe Vierte Zeitalter (Palantir Quest).

Schon im Basisspiel weicht I.C.E. jedoch in vielen Punkten deutlich von Tolkiens eigener Darstellung ab, z.B. ist das Magiesystem eher an die starken Kampfsprüche aus Dungeons & Dragons angelehnt, als an die selten und zurückhaltend eingesetzte Magie bei Tolkien. Im Laufe der Zeit erschien eine Vielzahl sogenannter Quellenbücher, die Völker und Gegenden Mittelerdes ausführlich beschrieben, sowie fertig ausgearbeiteter Abenteuer und Kampagnen. Damit machte I.C.E. aus Mittelerde eine der ausführlichst beschriebenen Rollenspielwelten. Zahlreiche Siedlungen, Persönlichkeiten, Volksstämme und Landstriche wurden hinzuerfunden um Mittelerde glaubhaft als belebte Welt darstellen zu können, jedoch ist unter Mittelerde-Fans hierbei umstritten, in wie weit die eigentliche Atmosphäre der Werke Tolkiens eingefangen wurde. Viele Erfindungen des MERS-Rollenspiel-Kanons gelten als eigenwillig und nahmen sich große Freiheiten in der Interpretation von Tolkiens Schriften heraus (z.B. die veröffentlichten Karten die eine eigene Interpretation des Kontinents Mittelerde mit vielen "künstlerischen Freiheiten" zeigen), so dass MERS-Bücher sich definitiv nicht als fundierte Mittelerde-Quellen eignen.

Weblinks

Einzelnachweise


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