Leithian-Lied

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Das Lay of Leithian (auch einfach als Leithian-Lied bezeichnet) ist eines von zwei großen epischen Gedichten des englischen Schriftstellers J. R. R. Tolkien. Der komplette Titel lautet

The Gest of Beren son of Barahir and Lúthien the Fay called Tinúviel the Nightingale or the Lay of Leithian Release From Bondage

und lässt sich etwa als

Die Taten von Beren, Sohn des Barahir, und Lúthien der Fee, genannt Tinúviel die Nachtigall, oder das Lied von Leithian, Befreiung aus den Fesseln

übersetzen.

Titel

Der Titel „Lay of Leithian“ ist nicht eindeutig interpretierbar. Es existieren zwei verschiedene Deutungsmöglichkeiten. Die erste mögliche Bedeutung ist „Lied von England“. Dies stützt sich auf das Wort Lúthien, später Leithien (einmal auch Leithian), das in frühen Schriften Tolkiens „England“ bedeutet. Es ist allerdings kein echter Hinweis Tolkiens auf eine Verwandtschaft von Leithien und Leithian bekannt. Die zweite Deutung identifiziert Lay of Leithian mit dem Untertitel Release from Bondage (deutsch Befreiung aus den Fesseln). Danach würde es Lied von der Befreiung aus den Fesseln bedeuten.

Diese Vermutung stützt sich zunächst auf die Tatsache, das Lay of Leithian und Release from Bondage stets zusammen erwähnt werden. Solche Kombinationen von erfundenem „elbischen“ Namen und nachfolgender Übersetzung sind typisch für Tolkiens Werk. Außerdem existiert eine hastige Notiz Tolkiens über einen Wortstamm -leth, „freisetzen“ mit leithia, „Befreiung“, und dem Vergleich zu Lay of Leithian. Da der Wortstamm -leth in dieser Bedeutung aber sonst in Tolkiens Schriften nicht auftaucht, fehlt der letzte Beweis, dass dies mehr als eine flüchtige Idee darstellt.

Inhalt

Beren Erchamion, ein sterblicher Mensch, flieht, nachdem sein Vater Barahir und dessen letzten Gefährten von Morgoths Orks erschlagen wurden aus Dorthonion, dem Land seiner Vorfahren und betritt durch Zufall das Königreich der Elben, Doriath. Dort verliebt er sich unsterblich in Lúthien, die Tochter des Elbenkönigs Thingol. Thingol ist jedoch gegen eine Verbindung seiner Tochter mit einem Menschen, und stellt Beren eine praktisch unmögliche Aufgabe: Er soll ihm einen Silmaril bringen. Diese selbstleuchtenden Edelsteine wurden vor langer Zeit von den Elben gefertigt, dann aber von Morgoth, dem dunklen Herrscher und personifizierten Bösen, gestohlen und in seine Krone gesetzt. Erst wenn Beren einen dieser legendären Edelsteine beschafft, darf er Lúthien heiraten. Um zu verhindern, dass seine Tochter ihrem Geliebten folgt, lässt er sie in ein Baumhaus sperren; sie kann jedoch nach einiger Zeit entkommen, und macht sich auf die Suche nach Beren.

Dieser erreicht inzwischen die Festung des Elbenkönigs Felagund, der sich, um einen Eid zu erfüllen, den er einst Berens Vater geschworen hatte, mit einigem Gefolge Beren anschließt. Beren und Felagund geraten in einen Hinterhalt und werden von Morgoth' Statthalter Thû gefangen genommen, einer Figur, die Tolkien später mit Sauron identifizieren wird. Nach einem Duell zwischen Thû und Felagund, das mittels magischer Gesänge ausgetragen wird, wird die ganze Gemeinschaft ins Verlies geworfen. Dort soll ein Wolf einen nach dem anderen fressen, bis jemand das Ziel der Reise verrät. Lúthien begegnet auf ihrer Suche nach Beren indessen den beiden Elbenprinzen Celegorm und Curufin, die von dem Jagdhund Huan begleitet werden.

Sie nehmen Lúthien gefangen und wollen Felagund und mit ihm Beren ihrem Schicksal überlassen, um sich Felagunds Königreich anzueignen. Doch Húan, der aus dem göttlichen Valinor stammt, verlässt seine Herren und befreit Lúthien. Zusammen erreichen die beiden die Festung Thûs, können den Zauberer mit vereinten Kräften überwinden und Beren befreien, doch für Berens Gefährten kommt jede Hilfe zu spät: Sie wurden von Thús Wolf getötet. Als schließlich nur noch Felagund und Beren übrig geblieben waren, gelang es dem Elbenkönig den Wolf mit bloßen Händen zu töten, doch auch er selbst starb nach diesem Kampf. Beren und Lúthien brechen nun nach Doriath auf. An der Grenze des Königreichs angekommen, will Beren sich von Lúthien trennen, um erneut seine Mission aufzunehmen, doch Lúthien besteht darauf, ihn zu begleiten. Die Entscheidung wird vertagt, als Celegorm und Curufin erneut auftauchen und angreifen. Sie werden mit Húans Hilfe in die Flucht geschlagen, aber ein Pfeil Celegorms verwundet Beren schwer - nur mit ihrer Liebe und elbischen Heilkunst kann Lúthien ihn retten. Nach Berens Genesung beschließen sie, sich zusammen auf die gefahrvolle Reise zu Morgoth zu begeben.

In Verkleidung erreichen sie ihr Ziel, doch das Tor zu Morgoth' Hallen wird von Carcharoth, dem schrecklichsten aller Wölfe, bewacht. Lúthien gelingt es mit Hilfe elbischer Magie, den Wolf in Schlaf zu versetzen, so dass sie bis in den Thronsaal Morgoth' vordringen können. Morgoth durchschaut die Verkleidung, aber Lúthien kann mit Gesang und Tanz sogar den dunklen Herren selbst und mit ihm den ganzen Hofstaat einschläfern. Beren schneidet einen Silmaril aus der Krone Morgoth', doch als er auch die beiden anderen Steine an sich nehmen will, bricht sein Messer, und die Klinge trifft Morgoth. Dieser beginnt zu erwachen, so dass Beren und Lúthien mit einem Silmaril fliehen. Am Tor treffen sie jedoch auf den wieder erwachten Carcharoth. Beren streckt ihm den heiligen Edelstein entgegen, aber der Wolf beißt Berens Hand mitsamt dem Stein ab. An dieser Stelle endet das Lay.

Form

Das Lay of Leithian besteht aus 4.222 jambischen vierhebigen Versen in Reimpaaren, und ist in 14 Gesänge unterteilt.

Werkgeschichte

Tolkien arbeitete insgesamt sechs Jahre lang am Lay of Leithian, bis er die Arbeit im September 1931 einstellte. Das Lay of Leithian existiert in zwei Textversionen:

  • Text A, ein Manuskript, das auf die Rückseiten von Prüfungsblättern geschrieben ist und, untypisch für Tolkien, sporadische Datierungen aufweist, die vom 1. April 1921 bis zum 17. September 1931 reichen.
  • Text B ist ein sauberer Schreibmaschinentext, und enthält verschiedene Veränderungen und Verbesserungen gegenüber Text A. Diesen Text übergab Tolkien 1929 seinem Freund C. S. Lewis zur Begutachtung. Lewis äußerte sich sehr positiv und verfasste einen ausführlichen Kommentar, viele seiner vorgeschlagenen Änderungen wurden von Tolkien übernommen.

1937 reichte dieser das Fragment zusammen mit einer Zusammenfassung der noch fehlenden Handlung und anderen Arbeiten beim Verlag George Allen & Unwin ein, der nach dem Überraschungerfolg des Kinderbuchs Der kleine Hobbit nach weiteren Geschichten verlangte. Die Reaktion Stanley Unwins war jedoch vernichtend. In der Vermutung, in Tolkiens Zusammenfassung einen original keltischen Stoff vor sich zu haben, aus dem jemand versucht hatte, ein Gedicht zu machen, urteilte er: „die primitive Kraft ist verschwunden, die klaren Farben sind verschwunden“. Tolkien selbst, der auf Kritik häufig heftig reagierte, schrieb in einem Brief „trotz einiger virtuoser Passagen“ habe das Lay „tiefgehende Fehler“. Trotzdem kehrte Tolkien noch einmal zu seinem Gedicht zurück: Etwa im Jahr 1950 begann er eine Überarbeitung, die sich bald zu einem komplett neuen Gedicht entwickelte, das jedoch auch nicht über das Stadium eines Fragmentes von einigen 100 Zeilen hinauskam.

Das Gedicht wurde 2018 erstmals auch in deutscher Sprache veröffentlicht.

Hintergrund

In Tolkiens Werken wird das Lay of Leithian mehrmals als „das berühmteste und zweitlängste Lied unter den Heldenliedern des Ersten Zeitalters“ bezeichnet.

Es war in vielen Versionen und Kurzfassungen verbreitet; eine dieser Versionen sang Aragorn den Hobbits im Lager unter der Wetterspitze vor.

Die fiktive Überlieferungsgeschichte des Werkes läuft wie bei den meisten Erzählungen des Ersten Zeitalters über Pengolodh und Bilbo Beutlin ins Rote Buch.

Links

Literatur

  • John R. R. Tolkien, Christopher Tolkien (Hrsg.): The Lays of Beleriand. -London : Unwin, 1989. - ISBN 0-04-440018-7 (The History of Middle-Earth; 3)


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