Andrew Lesnie

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Andrew Lesnie (* 1. Januar 1956 in Sydney, Australien; —  27. April 2015 in Sydney, Australien) war der Kameramann der Herr der Ringe Verfilmung.

Biografie

Anfang der Karriere

In den 70ern begann der gebürtige Australier an der „Australian Film, Television and Radio School“ Kamera zu studieren und erwies sich bald als ein sehr begabter Schüler. Seine Karriere begann ziemlich unauffällig mit Filmen wie „Patrick's Höllentrip“ (1978) oder „Frost – Der Frauenmörder“ (1982). Doch im Laufe der Jahre stellte Lesnie seine Fähigkeiten mehr und mehr unter Beweis. Und Mitte der 80er wurde die Filmindustrie langsam aufmerksam auf ihn. Dennoch waren die meisten seiner Filme fast nur dem australischen Publikum ein Begriff. Erst 1995 mit „Ein Schweinchen namens Babe“ kam auch die restliche Welt in den Genuss seiner einmaligen und zumeist warmen Bilder. Als Andrew Lesnie das Angebot bekam, bei der größten Produktion aller Zeiten, der Verfilmung des „Herrn der Ringe“, mitzuwirken, hatte er bereits haufenweise Preise eingeheimst, darunter zweimal den Australia's Cinematographer of the Year (1995 und 1996), den ACS Golden Tripod Award der amerikanischen Gesellschaft der Kameraleute und 1997 den Australian Film Institute's Award.

Neuseeland

Das verlockende Angebot aus Neuseeland löste einen Konflikt in dem Australier aus: Einerseits wollte er sich diese einmalige Chance natürlich nicht entgehen lassen, und selbstverständlich war er sich der Bedeutung dieses Angebots bewusst, aber andererseits musste er sich damit auch verpflichten, sich über 15 Monate ausschließlich einem Projekt zu widmen, bei dem viele Kamera-Crews parallel arbeiten sollten – ob auf schneebedeckten Bergen, unter Wasser oder in der Luft. Außerdem hatte Lesnie den Roman bereits als Jugendlicher verschlungen und war eigentlich der Meinung, dass das Tolkien’sche Werk unverfilmbar sei. Und nun sollte er verfilmen, was er selbst für unverfilmbar hielt. Lesnie nahm sich einige Tage Bedenkzeit, bevor er zusagte. Als die gewaltige Produktion dann schließlich in die Vorbereitungsphase ging, wurde Lesnies anfängliches Lampenfieber durch die umfangreiche Vorarbeit schnell gelindert. „Peter [Jackson] arbeitete schon seit einigen Jahren an diesem Projekt und besaß sehr genaue Vorstellungen vom Look von Mittelerde“, erzählte Lesnie im Interview mit einer amerikanischen Zeitschrift. „Wir waren uns einig, dass der Film so wie eine prähistorische Welt aussehen sollte, sehr realistisch. Tolkien entführt uns in eine Zeit vor 7000 Jahren, als die Welt noch von Hobbits, Elben, Zwergen, Zauberern, Trollen, Orks, Ents, Ringgeistern und Uruk-hai bewohnt wurde. ‚Der Herr der Ringe‘ spielt in einer wichtigen Zeit in der mythologischen Geschichte, dem Erwachen des Menschengeschlechts.“ Andrew Lesnie tauchte geradezu in das Projekt ein, indem er die Bücher noch einmal las und sich Hunderte von Skizzen und Bildern der Tolkien-Künstler Ted Nasmith, Alan Lee und John Howe in seiner Wohnung aufhängte. „Als ich an Bord kam, stellte ich fest, dass speziell die Kostümabteilung unter Ngila Dickson, das Art-Department und Richard Taylors WETA Workshop den Details der Geschichte eine erstaunliche Aufmerksamkeit widmeten. Vor allem das Art Department war eine nicht versiegen wollende Quelle an Inspirationen für mich.“ Es lag eine gewaltige Herausforderung vor Andrew Lesnie: über 300 Drehtage, 600 Szenen an über 350 Sets und mehr als 1,3 Millionen Meter belichtetes Filmmaterial. Seinen Anteil an diesem Projekt sah er aber eher bescheiden: „Ich vertrete die Meinung, dass die beiden tragenden Säulen eines guten Filmes zum einen die schauspielerische Leistung der Darsteller und zum anderen das Drehbuch sind. Ich gestalte nur das Bild, um den Zusammenhang oder innere Monologe der Charaktere zu reflektieren. Wie auch immer, ‚Der Herr der Ringe‘ umfasst eine solch beeindruckende Anzahl von verschiedenen Ebenen und geht in so viele verschiedene Richtungen, dass es besser ist, den Prozess eher unterbewusst arbeiten zu lassen. Auf diese Art beginnt die Arbeit aus ganz verschiedenen Situationen zu entspringen, wie man es niemals erwartet hätte.“ Um die passenden stilistischen Elemente für den Film zu finden, sahen sich Andrew Lesnie und Regisseur Peter Jackson zusammen viele andere Filme, wie beispielsweise Ridley Scotts „Legende“, an. Aber nie vergaßen sie dabei, dass der Roman die eigentliche Inspirationsquelle sein sollte. Lesnie erklärte: „J. R. R. Tolkien ist sehr sprachgewandt, wenn es um die Schilderungen von Gefühlen und Stimmungen geht.“ Und diese exakten Beschreibungen halfen Lesnie sehr, die Bilder zu inszenieren.

Obwohl Lesnie sehr genaue Vorstellungen davon besaß, welchen Look der Film letztendlich haben sollte, war er auch immer der Meinung, dass die anderen Kameramänner und auch die Beleuchter unter der Leitung von Brian Bansgrove ebenfalls ihren Beitrag zu dem Projekt beisteuern sollten. An manchen Tagen waren bis zu neun Kamera-Crews gleichzeitig im Einsatz, daher war die Kommunikation untereinander besonders wichtig. Zu diesem Zweck gründete Andrew Lesnie den „Notebook Club“, in den sich jeder Kameramann und die Beleuchter täglich einloggen konnten, um sich mit den anderen austauschen zu können. „Jeden Morgen begann meine Arbeit mit einem Handy in der einen und dem Lichtmesser in der anderen Hand“, so Lesnie.

Zu den wichtigsten Kameramännern unter der Leitung von Andrew Lesnie zählten bei dieser Produktion Allen Guilford („Der Überflieger“), John Cavill („Xena“), Richard Bluck („Braindead“), Alun Bollinger („Heavenly Creatures“, „The Frighteners“) und die Newcomer Simon Raby und Nigel Bluck. Und auch wenn Andrew Lesnie alle Fäden in der Hand hielt und allen drei Teilen seinen unverwechselbaren Stempel aufdrückte, so ist das visuelle Gesamtwerk doch ein Gemeinschaftsprodukt aller Kameramänner. „Die Hingabe und Ausdauer dieser Kameramänner wurde nur noch von ihren Crews übertroffen“, lobte Lesnie. „Wir hatten drei Vollzeit-Crews: die Haupt-Crew, die Unterstützungscrew und die Second-Unit, die für die großen, aufwändigen Action-Sequenzen zuständig war. Die aus vier Einheiten bestehende Miniatur-Abteilung wurde von Alex Funke geleitet und drehte insgesamt an 68 Miniatur-Sets. Die Crew für die Luftaufnahmen wurde von Phil Pastuhov geleitet [...], und an der Spitze der Crew für Visuelle Effekte stand Kameramann Brian Van´t Hul. Manchmal gab es zusätzlich noch eine Szenische Unit und eine Guerilla-Crew für ganz spezielle Zwecke. Die täglichen Besprechungen dauerten teilweise bis zu fünf Stunden.“

Andrew Lesnie beschrieb Jacksons Kamera-Stil als sehr energievoll und zugleich fließend. Der Regisseur treibe die Entwicklung im Film ständig voran. „Für Peter ist die Kamera ein Charakter, ein aktiver Teil der Handlung. Manche Regisseure mögen es, sich zurückzulehnen und alles objektiv zu betrachten, aber Peter ist wie ein Kind am Rande einer Straßenparade, den es juckt, bei der Show dabei zu sein. Peters Neigung, immer möglichst nah an den Schauspielern zu sein, führte dazu, dass wir manchmal nur wenige Zentimeter von den Gesichtern entfernt waren. Das war sogar für Colin Deane, der für die Schärfe eines Bildes verantwortlich war, eine Herausforderung“, erzählte Lesnie im Interview. „Wir benutzten in jeder nur möglichen Variante möglichst viele verschiedene Kameras gleichzeitig. Manchmal nahmen wir die Totale und die Nahaufnahme gleichzeitig auf, wir machten beispielsweise Aufnahmen der Reaktionen der anderen Darsteller. Es war wichtig, dass wir ein System hatten, um immer sehr spontan auf Peters Ideen eingehen zu können, und das sorgte während des Filmemachens für etliche Adrenalinstöße.“ Andrew Lesnie wurde bei seiner Kameraarbeit von der Münchner Firma Arri unterstützt, die 21 verschiedene Kameras für die Produktion zur Verfügung stellten. Die neuseeländischen Firma Camera Tech Ltd. war für die Wartung der Ausrüstung zuständig, doch vor Ort wurde das Equipment vom deutschen Arri-Techniker Manfred Jahn eingerichtet. Als besonders große Herausforderung für Andrew Lesnie stellten sich die neuseeländischen Lichtbedingungen heraus: „Man hat sehr viele Kontraste und ein hartes Licht, weil es kaum Luftverschmutzung gibt. Außerdem ist der Anteil an UV-Licht sehr hoch. Nichtsdestotrotz wollten wir einen sehr europäischen, weichen Look.“ Da Lesnie keine Filter benutzen wollte, wurden alle Farben und Kontraste in jeder einzelnen Aufnahme später am Computer per Hand nachbearbeitet. Durch die Entwicklung der Geschichte erleben die Charaktere je nach Dramaturgie und Handlung eine warme, heimelige Umgebung wie im Auenland oder eine bedrohliche, kalte Umgebung wie auf der Wetterspitze. Lesnie verpasste dem Auenland einen verklärten, romantischen Anstrich. Es sollte eine Art Hommage an das einfache Leben sein. „Ich benutzte eine Farbpalette mit Gold- und Grüntönen und wir versuchten, so oft es möglich war, im Sonnenschein zu drehen." Bei spannenden und bedrohlichen Szenen, wie in Bree oder an der Wetterspitze, verwendete Lesnie kalte, bläuliche Farben und harte Kontraste. Lesnie und Co verstanden sich dabei so hervorragend auf ihr Handwerk, dass die Academy in Hollywood Andrew Lesnie und seine Crew im März 2002 mit dem Oscar belohnte.

Werkverzeichnis

  • King Kong (2005)
  • Eine Italienische Hochzeit (2004)
  • Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs (2003)
  • Der Herr der Ringe: Die zwei Türme (2002)
  • Der Herr der Ringe: Die Gefährten (2001)
  • Schweinchen Babe in der großen Stadt (1999)
  • Letzter Stop Nashville (1997)
  • Gestohlene Herzen (1996)
  • Ein Schweinchen namens Babe (1995)
  • Spider & Rose (1994)
  • Fatal Past (1993)
  • Verführung hinter Klostermauern (1993)
  • Rainbow Warrior – Die Verschwörung der Atommächte (1989)

Weblinks