Ancrene Wisse and Hali Meiðhad

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In seinem einflussreichen Aufsatz Ancrene Wisse and Hali Meiðhad beschäftigt sich J. R. R. Tolkien mit zwei mittelenglischen Handschriften, dem Corpus Christi College-Manuskript der Ancrene Wisse und dem Manuskript Bodley 34 der Katherine Group, zu der auch der Text Hali Meiðhad gehört.

Tolkien argumentiert darin, dass die Sprache des Corpus Christi College-Manuskripts (von ihm auch als (A) bezeichnet) identisch sei mit der von Bodley 34 (B). Diese gemeinsame Sprache (AB) zeige sowohl eine einheitliche Phonologie und Morphologie als auch eine kennzeichnende und regelmäßige Rechtschreibung. Tolkien ist daher davon überzeugt, dass auch die den beiden überlieferten Handschriften zugrundeliegenden Originale in diesem Dialekt verfasst worden sind und dass die Handschriften in relativ geringem zeitlichen Abstand zu den Originalen am selben Ort entstanden sind.

Die Regelmäßigkeit der Morphologie und Phonologie des mittelenglischen Dialekts (AB) deute laut Tolkien auf eine recht ungestörte Entwicklung aus dem Altenglischen hin; die skandinavischen und normannischen Einflüsse seien geringer als in vielen anderen Teilen Englands.

Anhand des Verhaltens einer bestimmten Art von schwachen Verben datiert Tolkien (AB) auf ca. 1225 und verortet sie in Herefordshire in den West Midlands. Herefordshire ist eine Nachbarregion von Worcestershire, wo die Familie von Tolkiens Mutter, die Suffields, herstammt. In Briefen bemerkte Tolkien, dass er diese Gegend immer als seine wahre Heimat empfand, weil er das Gefühl hatte, dass man dort die englischen Traditionen wahrte und den fremden Eroberern Widerstand leistete. Von diesen Eindrücken beeinflusst ist Tolkiens Beschreibung des Auenlandes und seiner Bewohner, die einen idealisierten englischen Lebensstil pflegen.

Daten

  • Art: Aufsatz
  • in: Essays and Studies by Members of the English Association Vol. XIV, S. 104-126
  • Herausgeber: H. W. Garrod
  • Erscheinungsdatum: 17. Januar 1929
  • Verlag: Oxford University Press

Sonstiges

  • Tom Shippey bezeichnet in seinem Buch The Road to Middle-earth diesen Aufsatz als Tolkiens perfekteste akademische Arbeit.
  • Dorothy Everett lobt Tolkiens Aufsatz in einer Besprechung in The Year's Work in English Studies Volume X 1929, S. 140-141.
  • Manuskripte, Korrespondenz, Korrekturfahnen und andere Materialien in Verbindung mit Tolkiens Arbeit an der Ancrene Wisse befinden sich in der Bodleian Library in Oxford.

Quellen

  • J. R. R. Tolkien: Ancrene Wisse and Hali Meiðhad. In: Essays and Studies by Members of the English Association. Vol. XIV, S. 104-126.
  • J. R. R. Tolkien: Briefe. Ausgewählt und herausgegeben von Humphrey Carpenter mit der Hilfe von Christopher Tolkien. Übersetzt von Wolfgang Krege. Klett-Cotta, Stuttgart 1991. (Im Original erschienen 1981 unter dem Titel Letters of J. R. R. Tolkien.)
    • Nr. 44 an Michael Tolkien (18. März 1941)
    • Nr. 163 an W. H. Auden (7. Juni 1955)
    • Nr. 165 an die Houghton Mifflin Co. (Juni 1955).
  • Dorothy Everett: The Year's Work in English Studies. Volume X (1929), S. 140-141.
  • Wayne G. Hammond, Douglas A. Anderson: J. R. R. Tolkien: A Descriptive Bibliography. St Paul’s Bibliographies, Winchester 1993. ISBN 1-873040-11-3. B 25: „Ancrene Wisse“, S. 308/309.
  • Bella Millett, Jocelyn Wogan-Browne: Medieval English Prose for Women. Selections from the Katherine Group and Ancrene Wisse. Clarendon Press, Oxford 1990. ISBN 0-19-811205-X.
  • Tom Shippey: The Road to Middle-earth. George Allen & Unwin, London 1982. Ch. 2: „Philological Inquiries“.